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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

Georg Oehri – Interview am 2. Dezember 2013724 Georg Oehri (1960) ist seit dem Jahre 2009 Alpmeister der Alpe Rauz. Er hat schon als Bub im Betrieb seines Vaters mitgeholfen und sich früh entschieden, Bauer zu werden. Er führt heute einen Betrieb, in dem zur Hälfte Milch- und Viehwirtschaft zum anderen Teil Acker- und Gemüsebau betrieben werden. Im Viehbetrieb hatte er im Jahre 2013 etwa 70 Kühe und zwischen 50 und 60 Stück Jungvieh im Stall. Davon brachte er 35 Rinder und 8 Kälber auf die Alpe Rauz. Da sein Vater Franz, Oehri, ebenfalls Alpmeister war, ist sein Interesse an der Rauz früh geweckt worden und eine persönliche Bindung zur Alpe entstanden.725 Zu seinem Verhältnis zur Alpe Rauz führt er aus: „Früh am Morgen ging ich mit meinem Vater ins Ried und wir trieben von dort aus noch im Dunkeln das Jungvieh nach Nendeln. Bei der Säge wurde das Vieh vom Veterinär kontrolliert und die Dokumente für Bern wurden gestempelt und ausgefertigt. Beim Verladen des Viehs in die Waggons waren damals noch etwa 15 Bauern beteiligt. Wir fuhren zuerst noch nach Hause, um die Kühe zu melken, und folgten dann mit dem Auto dem Vieh, das inzwischen mit der Bahn nach Langen geführt wurde. Von dort trieben wir die Tiere in etwa drei Stunden auf die Alpe Rauz, die mir beim ersten Mal sehr weit weg und riesig gross vorkam. Als Bub war es etwas Besonderes, den Gesprächen der älteren Männer zu zuzuhören und als Treiber zu dieser Gemeinschaft zu gehören.“ Wie Georg weiter erzählt, gab es damals nicht nur eitlen Sonnenschein auf der Alpe: „Bei der Auf- und Abfahrt des Viehs durch Stuben mussten wir darauf achten, dass unser Vieh nicht auf die Weiden der Alpe Stuben ausbrach. Das konnte dann schon einen heftigen Wortwechsel auslösen. Ich erinnere mich auch, wie mein Vater oft von der Arbeit weg musste, wenn auf der Alpe Schnee fiel oder sonst dringend nach dem Rechten zu sehen war. Probleme bereitete vor allem ein Hirte, der das Wildern nicht lassen konnte. Mein Vater musste da vor Ort energisch eingreifen, weil dadurch nicht nur das Vieh allein gelassen und gefährdet, sondern auch der Ruf der Alpe aufs Spiel gesetzt wurde. Ich musste selber einmal für zwei Wochen auf die Alpe, weil ein anderer Hirte nach einer Rauferei in einem Gasthaus für zwei Wochen ausfiel. Eines Tages teilte mir mein Vater mit, es habe eine Wende gegeben, das Vieh werde nun nicht mehr mit der Eisenbahn, sondern mit Lastwagen direkt auf die Alpe Rauz transportiert. Die Bauern waren über diese Umstellung erleichtert, da sie für die Auf- und Abfahrt des Viehs nicht mehr so viel Zeit benötigten. Damals mussten noch etwa drei verschiedene Unternehmen aufgeboten werden, um die erforderlichen Lastwagen bereitzustellen. Ich habe dann im Jahre 1992 die Landwirtschaft meines Vaters übernommen, doch er liess es sich nicht nehmen, im Betrieb und bei den Alptagen weiterhin mitzuhelfen. Ihm war es bis ins hohe Alter wichtig, einmal im Jahre die Alpe Rauz zu besuchen. Bei uns war es einfach Tradition, dass man auf die Alpe Rauz geht. 724 Abbildung 4.40, Gespräch geführt und zusammengefasst von Franz J. Heeb am 7. Dezember 2013, Zusammenfassung gelesen und frei gegeben von Georg Oehri am 23. Dezember 2013 725 Abbildung 4.44 153


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