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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

Martin Kind – Interview am 9. Dezember 2013727 Martin Kind (1972) war in den Jahren von 1999 bis 2008 Alpmeister der Alpe Rauz. Er führt zusammen mit seinem Bruder Norman Kind, der Mitglied des Alpausschusses ist, eine landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft. Sie betreiben auf dem Bendurahof einen Milch- und Viehbetrieb und pflanzen zusätzlich auch Gemüse an. Im Viehbetrieb hielten sie im Jahre 2013 etwa 130 Milchkühe. Die Kälber geben sie an einen Mastbetrieb ab und die Kühe kaufen sie von Bauern laufend zu. Früher brachten sie Jungvieh und in den vergangenen Jahren noch Galtkühe auf die Alpe, im Jahre 2013 haben sie kein Vieh auf den Alpen gesömmert. Die ersten Erinnerungen von Martin Kind an die Alpe Rauz stehen in Verbindung mit seinem Vater Alois Kind, der ebenfalls Alpmeister war.728 Er erzählt dazu: „Ich erinnere mich noch, wie ich als Bub an den Sonntagen mit meinem Vater die Alpe Rauz besuchte. Es hat sich seither viel verändert, vor allem durch die Erschliessung der Alpe als Skigebiet. Ich habe noch als kleiner Bub beim Viehauftrieb mitgeholfen, es könnte damals das letzte Mal gewesen sein, als man das Vieh noch nach Nendeln trieb und von dort mit dem Zug nach Langen führte. Zur Alpe habe ich von meinem Vater her eine traditionelle Verbindung. Ich schätze das Alpgebiet, weil man heute das Vieh direkt mit Lastwagen zur Alpe bringen kann, diese über genügend Wasser verfügt und es in dieser Höhe angenehm kühl für das Vieh ist.“ Martin Kind hat die Nachfolge des verstorbenen Alpmeisters Guido Hasler angetreten, nachdem die Mitglieder des Alpvorstands, Anton Marxer und Norman Kind, die Alpgeschäfte interimsweise für ein halbes Jahr geführt hatten. Zu seiner Situation als junger Alpmeister und seinen weiteren Aufgaben weiss er noch zu berichten: „Ich hatte keine Einführung in meine Aufgaben und musste auch mein Lehrgeld zahlen, weil ich anfangs nur wenig über den Alpbetrieb gewusst habe. Das Hauptproblem war damals, dass zu wenig Vieh auf der Alpe war und ich musste zuerst Bauern kennen lernen, die bereit waren, ihr Vieh auf der Rauz zu sömmern. Ebenso war ich mit dem gesamten Formularwesen nicht vertraut, das zur An- und Abmeldung des Viehs, zur Abwicklung der Veterinärkontrollen beim Zoll oder für die Ansuchen um die Alpungsbeiträge erforderlich war. Als Anreiz, um mehr Vieh auf die Alpe zu bringen, wurden bereits im Jahre 2002 die Alpkostenbeiträge der Viehbesitzer reduziert. Während meiner Zeit als Alpmeister haben wir auch die Pflichtdienste mit der Verpachtung des Gemeindebodens in Zusammenhang gebracht und neu geregelt. Es wurde als Ungerechtigkeit empfunden, dass die Bauern, die mit ihrem Vieh die Alpe Rauz bestossen, zusätzlich noch Pflichttage zu leisten hatten, während andererseits einzelne Landwirte, die Gemeindeboden gepachtet hatten, ihr Vieh aber auf anderen Alpen sömmerten, keinen Beitrag für die Alpe Rauz erbringen mussten. Die Ableistung von Pflichttagen auf der Alpe Rauz oder eines entsprechenden finanziellen Beitrags ist deshalb seit dem Jahre 2004 mit der Verpachtung von Gemeindeboden verknüpft. 727 Abbildung 4.42, Gespräch geführt und zusammengefasst von Franz J. Heeb am 11. Dezember 2013, Zusammenfassung gelesen und frei gegeben von Martin Kind am 18. Dezember 2013 728 Abbildung 4.5 158


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