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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

Wir, Johannes und ich, kennen jedes einzelne Stück Vieh und wissen auch, welchem Bauern dieses gehört. Man kennt das Vieh schon vom Schlag und von der ‚Kleppa‘, der Schelle her, aus welchem Stall es kommt. Früher blieben die Tiere eines Bauern während der Alpzeit eher beisammen, durch die heutige Freilaufhaltung des Viehs verstreut es sich und findet sich in neuen Gruppen. Es gibt auch Kälber und Rinder, die keinen Anschluss finden und den ganzen Sommer für sich alleine sind. Auf diese Einzelgänger muss besonders geachtet werden, damit sie sich nicht von der Herde entfernen und verloren gehen. Wichtig ist es darum auch, dass das Weidegebiet gut eingezäunt wird. Durch eine Einzäunung des Viehs können die Wiesen entsprechend der Weidefolge etappenweise ‚abgefretzt‘ werden, was zu einem guten nächsten Graswuchs führt. Das ist auch ein Vorteil der Alpe Rauz, dass man das Alpgebiet, Weide um Weide, bestossen kann. Dadurch hat das Vieh ständig frisches Futter. Gelitten haben die Wiesen unterhalb der Ulmer Hütte in der Wanne, weil das Gebiet bisher von Tiroler Seite aus mit Pferden abgegrast wurde und dadurch die Grasnarben grossteils ausgerissen wurden. Zudem ist in diesem Gebiet kürzlich die Skipiste planiert worden und die neu angesäten Flächen sind erst in Jahren wieder nutzbar. Dies trifft auch für die Skipisten im Valfagehr und auf der Schattenseite zu, wo noch kein natürlicher Bewuchs entstanden ist. Bei den Rauzmähdern ist der Ertrag durch die Erosionen ebenfalls zurückgegangen. Auf der Rauz wächst zum überwiegenden Teil gutes Gras, es gibt nur wenig Borstgras.“ Zur Frage an Johannes, wie es ihm als Kleinhirten auf der Alpe Rauz gefalle, zückt er verlegen mit den Achseln und meint: „Gut. Mir gefällt einfach, dass ich auf die Alpe gehen und mit dem Vieh zusammen sein kann.“ Helmut bestätigt, dass Johannes eine besondere Gabe hat, mit dem Vieh umzugehen und schon jetzt über reife Viehkenntnisse verfügt: „Auf diesen Buben kann man stolz sein und hoffentlich wird er auch einmal Hirte“, so sein Vater, der weiter ausführt: „Der besondere Stolz eines jeden Hirten ist es, wenn am Ende der Alpzeit alles Vieh wieder gesund zurückkehrt. Im Bregenzerwald darf dann bei der Alpabfahrt das Vieh gekranzt werden. Dieses Jahr hatten wir bisher Glück und keine Verluste beim Vieh.“ Früher war das Alpen Männersache, heute ist aus der Alpe Rauz ein Familienbetrieb geworden. Michaela ist durch und mit ihrem Mann auf die Alpe gekommen. Sie hilft überall mit und sorgt sich vor allem um die Mahlzeiten, den Haushalt und die Wäsche. Sie ist auch mit dabei, wenn das Vieh nachgetrieben oder ein Stück gesucht werden muss. Tochter Christina ist wegen der Schule und der Lehre nur noch zeitweise auf der Alpe Rauz. Helmut meint, dass das Leben auf einer Alpe heute unvergleichbar sei gegenüber früher und bedeutend schöner, zusammen mit der Familie, vor allem, wenn bei der Rückkehr zur Alphütte schon geheizt und gekocht ist. „Wir leben hier auf der Rauz wie daheim“. Zur Frage, was ihnen an der Alpe Rauz gefällt und worauf ihre langjährige Hirtenzeit zurückzuführen sei, erwähnt Helmut Kleber vor allem das gute Verhältnis und Vertrauen, das zwischen ihnen und dem Alpmeister sowie den Bauern besteht. Gerne erinnern sie sich an die Hütteneinweihung vor acht Jahren und die Jagdmesse, die sie zusammen mit den Jägern gefeiert haben. Auch mit den Angestellten der Skiliftgesellschaft besteht ein gutes Einverneh 162


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