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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

tentum Liechtenstein zur Einführung des Schweizer Frankens und in der Republik Österreich zur Einführung des Schillings. Ein eindrückliches Bild dieser Zeit bis in die Sechzigerjahre vermittelt Rudolf Goop im zweiten Band seiner Dokumentation: „Menschen am Schellenberg“.242 Ausgehend von der Geschichte des Bauerntums und der Landwirtschaft des Landes Liechtenstein gibt er einen Einblick in das Leben und die Arbeit der Menschen jener Zeit. Dieses Buch bildet eine Grundlage zum Verständnis der Entwicklung der Landwirtschaft und des Bauernstandes bis zur Industrialisierung des Landes. Im zweiten Band wird auch die Alpwirtschaft beschrieben, insbesondere der Erwerb der Liechtensteiner Alpen im benachbarten Vorarlberg. Einen weiteren Einblick in die damalige Situation der Bevölkerung und in die Land- und Alpwirtschaft im Klostertal vermittelt auch der Bildband „Das Klostertal 1920 bis 1960“.243 Die Probleme der liechtensteinischen Alpen in Vorarlberg, die durch die Kündigung des Zollvertrages mit Österreich und durch den Zollanschluss an die Schweiz entstanden, kamen bei der Zollkommissionssitzung im Juni 1922 zur Sprache.244 Die Bauernvertreter stellten die Kernfrage, ob durch einen Zollanschluss, das Vieh weiterhin ungehindert auf die Vorarlberger Alpen aufgetrieben werden könne. Sie befürchteten vor allem wegen der strengen seuchenpolizeilichen Vorschriften der Schweiz Schwierigkeiten. Die Bauern verlangten, dass im Falle einer Ansteckung während der Sömmerung das Vieh nicht in Vorarlberg, sondern im Ruggeller Ried unter Quarantäne gestellt werde. Die liechtensteinische Regierung vertrat diese Forderung bei den Zollverhandlungen und verlangte, dass ein entsprechender Grundsatz im Schlussprotokoll festgehalten werde. Ausserdem konnte auch erreicht werden, dass für die Unterländer Gemeinden der kleine Grenzverkehr auf die Alpgebiete in Vorarlberg ausgedehnt und für die Gebühr von einem Franken ein Spezialvisum von den Grenzkontrollorganen ausgestellt wurde. Die Not nach dem Ersten Weltkrieg wurde zusätzlich dadurch verstärkt, dass Industrie- und Baubetriebe zum Teil stillgelegt waren und es neben der Landwirtschaft und dem Kleingewerbe kaum Beschäftigungsmöglichkeiten gab.245 Dies galt sowohl für die Klostertaler, die im Raume Bludenz einen Erwerb zu finden hofften, als auch für die Liechtensteiner Unterländer, die vor allem im Raume Feldkirch Arbeit suchten. Auf der Alpe Rauz fand selbst der Bergbau, der im 16. Jahrhundert im Arlberggebiet stillgelegt worden war, eine kurze Wiederbelebung mit der Eröffnung eines Versuchsstollens auf den Brunnenköpfen, zu dem eine Materialseilbahn vom Sonnenkopf beim Arlbergpass zum Stollen errichtet wurde.246 Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Klostertal der Bau des Kraftwerks Spulersee mit der Aufstauung des Sees geplant. Die Gemeinde Klösterle verlangte, dass die dort in ihrem Eigentum befindliche Alpe Spulers von den Österreichischen Staatsbahnen als künftigem Betreiber des Kraftwerks ersetzt werde. Als Ersatz für die Alpe Spulers wurde nach anderen Alpen ge- 242 Goop, Menschen am Schellenberg 243 Thöny und Fritz, Das Klostertal 1920 bis 1960 244 Wanner, Die Auswirkungen der Kündigung des österreichisch-liechtensteinischen Zollvertrags, S. 105 ff 245 Geiger, Krisenzeit, Band 1, S. 50 ff und S. 140 ff 246 Büchner, St. Christoph, S. 234 sowie Thöni, Stuben, S. 64 und Flurnamenkarte 2005 47


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