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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

von der Ulmer Hütte aus nach unten beweidet.341 Im Interview schildert der Hirte Helmut Kleber den heutigen Weidegang folgendermassen: „Im Vorsommer von Mitte Juni bis Mitte Juli wird zuerst das Gebiet um die Alpgebäude bis hinauf zu den steilen Hängen der Rauzmähder beweidet. Von den Mähdern kommt das Vieh rechts über den Bach und den Damm zum Skilift, wo es für einen Tag zum Abätzen gesammelt wird. Anschliessend wird das Vieh auf die Schattenwand getrieben, wo es entsprechend dem Besatz und dem Graswuchs für etwa zwei bis drei Wochen verbleibt. Dann führt der Weidegang in das Rauztal, wo sich die Tiere für weitere zwei Wochen im Loch, in der Engi und auf dem Rauzboden aufhalten. Mitte August wird das Vieh über den Steilhang der Skipiste in das Valfagehrtal getrieben, wobei zuerst das Gebiet bei der Ulmer Hütte bis hinunter zur Rinderhütte und anschliessend der Steilhang bis zum Valfagehrbach beweidet werden. Je nach Witterung verbleibt das Vieh bis etwa Anfang September in diesem Gebiet und wird schliesslich für die restliche Zeit vor der Alpabfahrt auf die Rauzmähder und die Wiesen bei den Alpgebäuden zurückgetrieben.“ Wie Bilder von der Alpabfahrt im Jahre 2012 zeigen, wird das Vieh heute beim Alpstall zusammengetrieben und mit Lastwagen nach Hause geführt.342 Der Alpe Rauz fehlt eine Voralpe, durch die früher aufgefahren und später abgefahren werden könnte. Da das beweidbare Gebiet auf einer Höhe zwischen 1600 und 2200 m liegt, kann die Alpe Rauz nur für durchschnittlich 95 Tage bestossen werden. Besonders gefürchtet sind Wetterstürze, bei denen das Vieh während der Alpzeit dem Schneewetter ausgesetzt ist. Wegen der fehlenden Möglichkeit zur Schneeflucht müssen die Tiere mit Heu gefüttert werden. Seit zwei Jahren bringen einige Viehbesitzer der Alpe Rauz etwa 70 Stück Vieh zwei Wochen zur Vorweide auf die Alpe Stuben, ehe sie dann, wie in Bildern aus dem Jahre 2013 festgehalten ist, zur Rauz auffahren. 343 Nach hundert Jahren seit der Trennung der Alpen Stuben und Rauz ist dies vielleicht wieder ein erster Schritt zur gemeinsamen Bewirtschaftung der einst zusammen gehörenden Alpen. In der Alpwirtschaft sind eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften, einerseits des Landes Liechtenstein und der Schweiz und andererseits des Landes Vorarlberg und Österreichs sowie der EU zu beachten. Seitens des Fürstentums Liechtenstein sind das Landwirtschaftsgesetz (LGBl. 2009/42), das Gesetz über die Förderung der Alpwirtschaft (LGBl. 1981/9), die Alpwirtschaftsverordnung (LGBl. 2003/15), die Alpinfrastruktur-Förderungsverordnung (LGBl. 2009/198), die Alpwirtschafts-Förderungs-Verordnung (LGBl. 2010/168), die Landwirtschaftliche Förderungskürzungsverordnung (LGBl. 2012/278) sowie die Sömmerungsverordnung (LGBl. 2013/182) relevant. Die liechtensteinischen Alpen in Vorarlberg werden, entsprechend der im Anhang des Landesgesetztes LGBl. 2012/24 angeführten Alpen, gleich wie die Alpen in Liechtenstein behandelt und gefördert. Lediglich in der Verordnung über die Erhaltung und Entwicklung des Berggebietes (LGBl. 2008/247) werden nur die Alp-, Wald- und Berggebiete, die sich im 341 Zeitzeuge Helmut Kleber am 4. September 2013 342 Abbildung 4.12, 4.13, 4.14 und 4.15 343 Abbildung 4.16, 4.17 und 4.18 66


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