und böse geworden und hat in Stuben erheblichen Schaden angerichtet. Das Alppersonal weigerte sich, den Stier anzurühren und weiter auf die Weide zu treiben, und sie hielten ihn nur noch im Stall mit Ketten angebunden. Man beriet in der Gemeinde Gamprin, ob man den Stier auf der Alpe schlachten sollte, beschloss aber schliesslich, den Stier beim Alpabtrieb mitzunehmen. Adolf Heeb (1894) und Wilhelm Hasler (1905), die damals als die stärksten Männer in der Gemeinde galten, boten sich an, den Stier nach Gamprin zu führen. Sie banden den wild gewordenen Muni mit Stricken am Nasenring an und stemmten sich beidseitig mit aller Kraft gegen die Ausbruchsversuche des tobenden Tieres. In Stuben, wo man sonst bei der Alpabfahrt freundlich verabschiedet wurde, waren die Türen und Fensterläden beim Durchzug des Viehs aus Furcht vor dem Stier verriegelt. Als Wilhelm sich der Sache unsicher wurde, ermutigte ihn Adolf mit den Worten: ‚Muscht nur heeba!‘. Als die beiden beim Zwischenhalt in Bings mit dem Stier nicht nachkamen, schickte man jemanden zurück, um nachzusehen. Man fand dann den Stier regungslos auf der Strasse liegend und die beiden Treiber im Schatten eines Baumes. Der Stier wurde dann nach Bings getrieben und er war am nächsten Tag noch so entkräftet, dass er mit dem Zug von Bludenz aus zurückgeführt werden musste.“ Im Nachhinein erzählte Georg Hasler noch, wie es im Herbst 1955 zum Unglück mit dem Güllekasten auf der Alpe Rauz kam. Sein Vater wurde als Vorsteher zusammen mit dem Alpmeister unverzüglich auf die Alpe Rauz gerufen, um die Sachlage zu besichtigen und die nötigen Massnahmen zu treffen. Wie sie feststellten, hielt die Aussenmauer des Güllekastens bei der Inbetriebnahme des Rührwerks dem Druck nicht stand und die gesammelte Gülle ergoss sich über das Bauhofareal und floss über die Arlbergstrasse in den Rauzbach. Dabei wurde der auf der Mauer stehende Hirte Fridolin Öhri aus Ruggell von der Gülle mitgerissen, und er brach sich ein Bein. Obwohl er sich im Brunnen der Alpe wusch, soll er bei seiner Einlieferung in das Spital Feldkirch immer noch stark nach Gülle gerochen haben. Georg Hasler meint rückblickend: „Es war notwendig, die Alpe Rauz zu kaufen, da die Alpe damals eine wichtige existenzielle Grundlage für die Bevölkerung von Gamprin war.“ Er stellt fest, auch wenn der Alpbetrieb heutzutage nicht mehr den gewünschten Ertrag bringe, sollte die Gemeinde zur Erhaltung der Alpe Rauz einen Beitrag leisten. Für die Zukunft sei es wichtig, dass die Alpe Rauz weiter bestossen werde, denn es nütze auch dem Tourismus nichts, wenn die Alpe verwildere. – „Wir können stolz sein auf unsere Alpe“, so Georg Hasler zum Abschluss des Gesprächs. Karl-Heinz Oehri – Interview am 30. Juli 2013712 Karl-Heinz Oehri (1957) hat vom Elternhaus her eine tiefere Verbindung zur Alpe Rauz. Er denkt noch zurück, wie er als Schulbub früh am Morgen das Vieh nach Nendeln getrieben hat, wo die Tiere vom Veterinär kontrolliert, in die Waggons verladen und mit der Bahn nach Langen geführt wurden. Von dort aus wurde das Vieh zwischen den Autos auf der Passstrasse 712 Abbildung 4.30, Gespräch geführt und zusammengefasst von Franz J. Heeb am 14. November 2013, Zusammenfassung gelesen und frei gegeben von Karl-Heinz Oehri am 22. November 2013 133
Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz
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