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Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz

sucht, die sich zum Tausch anboten. Dabei kam auch die Alpe Rauz ins Gespräch, für die wiederum die Alpe Nova Valudriga im Marultal des Grossen Walsertals als Tauschobjekt zur Disposition stand. Diese Tauschabsicht stiess auf Widerstand der Gemeinde Gamprin und die Alpe Nova Valudriga konnte schliesslich weder gekauft noch getauscht werden.247 Im Jahre 1919 gingen bei diesen Verhandlungen Überlegungen soweit, die Alpe Stuben der Gemeinde Klösterle als Ersatz anzubieten, die Ortschaft Stuben aufzugeben und das Gebiet nur noch für die Alpbewirtschaftung zu nutzen. Da keine Einigung erzielt werden konnte und sich das Land Vorarlberg für den Erhalt von Stuben einsetzte, fanden mit dem Bau des Kraftwerks Spulersee im Jahre 1924 auch die Verhandlungen zum Tausch der Alpen ihr Ende. Die erwogene Aufgabe von Stuben und die angedachte Umwidmung der Ortschaft zum Alpgebiet verdeutlichen, wie hoffnungslos die wirtschaftliche Zukunft dieser Ortschaft gesehen wurde. Nach der Not des Ersten Weltkriegs blieben die Landwirtschaft und die Viehhaltung eine wichtige Existenzgrundlage in Liechtenstein. Die Liechtensteiner hatten zudem die grossen Schäden der Rheinüberschwemmung vom 25. September 1927 zu bewältigen, die das Wiesen und Ackerland in Schaan und in den Unterländer Talgemeinden mit Kies- und Schlamm überdeckt hatte. Am 14. Dezember 1930 stimmte das liechtensteinische Volk dem Bau eines Binnenkanals von Balzers bis Ruggell zur Entwässerung der Talebene zu. Es war dies ein Jahrhundertprojekt für die Bevölkerung Liechtensteins, mit dem Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten geschaffen wurden sowie die Riedlandschaft trocken gelegt und nachhaltig für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden konnte. Nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung des Jahres 1929 besassen die etwa 1 000 Nutztierhalter in Liechtenstein 5 500 Stück Kühe und Jungvieh.248 Im Durchschnitt hatte damals ein bäuerlicher Haushalt etwa drei Kühe, drei Stück Jungvieh sowie zwei Schweine und 20 Hühner im Stall. Als Zugtiere standen laut dieser Zählung etwa 200 Ochsen und 300 Pferde zur Verfügung. Die Landwirtschaft war kaum mechanisiert und Traktoren gab es damals noch keine. Die Landwirtschaftsbetriebe in Liechtenstein waren mit durchschnittlich knapp 3,8 ha kleiner als in der benachbarten Schweiz und wegen der vielen, weit verteilten Parzellen aufwändig zu bewirtschaften. Zu berücksichtigen ist, dass bei dieser Zählung auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe erfasst wurden und für die Haupterwerbsbetriebe grössere Werte anzunehmen sind. Die Bestossung der Alpe Rauz hat sich nach der Notlage des Ersten Weltkrieges in den Dreissigerjahren wieder erholt, musste aber nach der Zwangsabgabe von Weideflächen zur Aufforstung des Voralpgebiets oberhalb von Stuben zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wiederum reduziert werden. 247 Thöni, Stuben, S. 119 f 248 Geiger, Krisenzeit, Band 1, S. 127 48


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