den Sechzigerjahren wurden zur Eindämmung der Seuchengefahr die Schutzimpfungen gegen die Maul- und Klauenseuche, die Tuberkulose, den Rauschbrand und den Rotlauf weiter intensiviert. 302 Gemäss der Alpstatistik zur Bestossung der liechtensteinischen Alpen im Inland und in Vorarlberg ist festzustellen, dass die Alpe Rauz im Jahre 1962 noch mit 39 Kühen und mit 137 Stück Jungvieh bestossen wurde. Im Jahre 1963 waren nur noch 3 Kühe und 172 Stück Jungvieh auf der Alpe Rauz.303 Die im Sommer 1963 registrierten drei Kühe wurden vermutlich den Hirten für den eigenen Milchbedarf zur Verfügung gestellt. Demzufolge wurden im Alpsommer 1962 zum letzten Mal Kühe auf die Alpe Rauz aufgetrieben und die Kuhalpung im Jahre 1963 eingestellt. Die Einstellung der Kuhalpung kann mit der im Jahre 1963 ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche auf den Alpen in Vorarlberg im Zusammenhang stehen. Im Jahr 1963 erfolgte auch der Anbau der geplanten Sennhütte an den unteren Alpstall. Nach der Ausführung des Anbaus war offensichtlich eine grundlegende Entscheidung zur weiteren Kuhalpung und zur Einrichtung der Sennerei zu fällen. Dazu fand am 3. Januar 1964 eine Bürgerversammlung statt. Im Protokollbuch der Gemeinde Gamprin ist kurz festgehalten:304 „Es wird die Frage gestellt, ob mit dem Kuhalpen gehört werden soll oder nicht.“ Zur Abstimmung ist lediglich vermerkt: „Es wird schriftlich abgestimmt. Gegen das Kuhalpen sind 14 Stimmen, dafür 11, leer 2.“ Der nach den Plänen erstellte Raum für die Sennerei wurde dementsprechend nicht mehr mit den Einrichtungen für die Käserei ausgestattet, sondern zum Aufenthaltsraum für die Hirten umgestaltet.305 Damit ergab sich 50 Jahre nach dem Kauf der Alpe Rauz auch eine Zäsur in der Alp- und Landwirtschaft der Gemeinde Gamprin. Seit dem Jahre 1963 wird auf der Alpe Rauz keine Sennerei mehr betrieben und mit Ausnahme von Hirtenkühen die Alpe nur noch mit Jungvieh bestossen.306 Wie das Abstimmungsergebnis der überwiegend von Bauern besuchten Bürger- beziehungsweise Alpversammlung vermuten lässt, wurde damals die Verwertung der Milch im Talbetrieb für die Zukunft als vorteilhafter betrachtet. Zudem war die Alpung des Viehs keine existenzielle Notwendigkeit mehr. Die geringe Teilnahme an dieser wichtigen Bürgerversammlung zeigt auf, dass immer weniger Haushalte eine Landwirtschaft betrieben und das Interesse an der Alpwirtschaft und damit auch an der Alpe Rauz schwand. 4.4. Alpung von Jungvieh seit 1963 Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Liechtensteins und den aussichtsreicheren Beschäftigungen im Industrie- und im Bankensektor war auch ein grundlegender Strukturwandel in der Landwirtschaft verbunden. Die Viehhaltung wurde in zahlreichen Familienhaushalten aufgegeben. Nur noch wenige Bauernsöhne waren bereit, den angestammten Landwirtschaftsbe- 302 Rechenschaftsbericht der Regierung 1963, S. 134 und 1964 S. 141 sowie 1968 S. 106 f 303 Rechenschaftsbericht der Regierung 1962, S. 119 und 1963, S. 129 304 GAG, Protokollbuch Gemeinde Gamprin 1963 bis 1965 305 GAG, Schreiben vom 17. Juli 1962 mit Planbeilagen vom 10. Juli 1961 306 Liechtensteiner Vaterland, Vorstellung der Alpe Rauz, 18. August 1993, S. 9 58
Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz
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