Noch vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich war geplant, das Gebiet oberhalb von Stuben zwischen Flexen- und Arlbergstrasse aufzuforsten. Ein erster Kaufvertrag wurde im Jahre 1937 zwischen einer Erbengemeinschaft und der Aufforstungsinteressentschaft Stuben abgeschlossen.476 Damit stimmten diese Privatbesitzer im Sinne eines Vorvertrags der Übergabe ihrer Grundstücke an die Interessentschaft zu. Auch die Gemeinde Gamprin hatte nach dem Anschluss Österreichs grosse Gebiete abzugeben. Ein Vertrag dazu wurde im Oktober 1938 von Vertretern der Gemeinde Gamprin unterzeichnet, von der Regierung Liechtensteins genehmigt und schliesslich am 5. Januar 1939 vom Amtsgericht Bludenz bestätigt.477 Kleinere Grundstücke oberhalb der Serpentinen von Stuben mussten nicht zur Aufforstung abgetreten werden. Seither bildet diese restliche Fläche unterhalb der Alpe Rauz eine Enklave, das sogenannte Voralpgebiet. Die Gemeinde Gamprin übergab in diesem Vertrag eine Grundfläche von etwa 12 ha und erhielt zum Tausch das Herrenmahd und weitere Grundstücke im Ausmass von 2,8 ha sowie eine Restzahlung von 4 000 Schilling, beziehungsweise 2666,67 Reichsmark. Eine deutsche Reichsmark konnte man damals gegen 0,8 Schweizer Franken tauschen. Die bislang als Weideflächen genutzten Parzellen wurden im Kaufvertrag bereits als Wald bezeichnet, offensichtlich um den Minderwert der Kaufsumme zu rechtfertigen. Der Verkauf und der Tausch der Grundstücke wurden von der Regierung Liechtensteins genehmigt und es lag vermutlich auch im Interesse Liechtensteins, nach dem Anschluss Österreichs gegenüber den Behörden Nazideutschlands Entgegenkommen zu zeigen.478 Über das Zustandekommen der Verträge zum Bau der Tübinger Skihütte informiert die gebundene Vereinschronik des Akademischen Skiclub Tübingen (ASCT).479 Das Buch gibt dazu einen ausführlichen Einblick in die Geschichte der Alpe Rauz und vermittelt ein eindrückliches Bild über die damalige Situation auf der Alpe. Bereits im Winter 1926/27 mietete der Akademische Schneelaufverein Tübingen den Wohnraum der Sennhütte auf der Alpe Rauz für einen jährlichen Pachtzins von 100 Franken.480 Wie erste Fotos in der Vereinschronik zeigen, waren die Alpgebäude und die Hirtenstube noch im ursprünglichen Zustand eingerichtet. Das Wasser musste beim nahegelegenen Wegmacherhaus geholt werden. Im Jahre 1932 wurde der Mietvertrag von der Gemeinde Gamprin gekündigt, weil die unversperrte Alphütte unerlaubter Weise auch von anderen Gästen benutzt wurde.481 Der Verein kaufte noch vor dem Krieg oberhalb der Flexenstrasse ein Privatgrundstück, doch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs konnte die geplante Skihütte nicht gebaut werden. Wie der Vorsitzende des Altherrenvereins des ASCT, Frank Rilling, berichtet, konnte der Verein nach dem Krieg auf der gekauften Parzelle keine Hütte mehr bauen.482 Dieses Grundstück war inzwischen für die Errichtung eines Strommasten, der sich heute noch dort 476 GAG, Kaufvertrag vom 16. Januar 1937 477 GAG, Kaufvertrag vom 5. Januar 1939 478 Geiger, Krisenzeit, Band 2, S. 207 ff 479 Akademischer Skiclub Tübingen, Chronik des ASC-T, 1998, S. 50 ff und S. 101 ff 480 GAG, Mietvertrag vom 23. September 1926 sowie Abbildung 3.5 und 3.6 481 Akademischer Skiclub Tübingen, Chronik des ASC-T, 1998, S. 54 und Thöni, Stuben, S. 230 482 Zeitzeuge Frank Rilling am 9. und 10. Januar 2014 (E-Mail) & Akademischer Skiclub Tübingen, Chronik des ASC-T, 1998, S. 54 91
Dokumentation 100 Jahre Alpe Rauz
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