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Broschuere 100 Jahre Alpe Rauz

100 Jahre Alpe Rauz 69 » Zeitzeugen berichten Alfons Schädler (1929), ehemaliger Vorsteher von Triesenberg, war in den Kriegsjahren 1940 und 1941 Kleinhirte auf der Alpe Rauz. Insgesamt verbrachte er sechs Alpsommer auf den Alpen Rauz, Tiefensee und Sareis. Manche Triesenberger konnten von der Landwirtschaft allein nicht leben und verdingten sich im Sommer auf den Alpen, so auch auf der Alpe Rauz, die bis nach dem Zweiten Weltkrieg fast ausschliesslich von Triesenberger Sennen und Hirten besetzt und geführt wurde. Auf der Rauz erlebte ich im Jahre 1940 meinen ersten Alpsommer als Hüterbub bei den Kühen und Kälbern. Die Kühe wurden auf die Wiesen um die Alphütten und in das Valfagehr hinauf auf die Weide getrieben. Sie wurden am Morgen und am Abend vom Senn, dem Zusenn und dem Kuhhirten gemolken, die die Milch in die Sennhütte brachten, wo das Milchmass von jeder Kuh aufgeschrieben wurde. Die Milch wurde in die ‹Kessi› oder in mehrere ‹Brenten› geleert, flache runde Holzgefässe, aus denen dann tags darauf der Rahm mit der Rahmkelle abgeschöpft wurde und im Butterfass zu Butter gerührt wurde. Aus der restlichen Milch wurde vorwiegend Sauerkäse und Magerkäse gemacht, der dann regelmässig umgekehrt werden musste. In Erinnerung ist mir auch noch, wie wir mit dem Ross den Mist auf einer ‹Zugpenna› – einem einachsigen Karren mit zwei Deichseln – ausgebracht haben. Erinnern kann ich mich an das Barackenlager an der Flexenstrasse, wo anfangs des Krieges belgische Kriegsgefangene interniert waren. Die etwa zehn Baracken waren mit Stacheldraht eingezäunt und die Gefangenen wurden von Soldaten bewacht. Die Inhaftierten mussten schwere Arbeit im Steinbruch und beim Ausbau der Arlbergstrasse in der Strecke vom Bauhof bis zur Talkehre leisten. Wir haben zu den Soldaten und den Gefangenen Distanz gehalten und sind ihnen eher aus dem Weg gegangen, besonders wenn wir mit dem Vieh am Gefangenenlager vorbeizogen. In unseren Gesprächen beim Hüten oder in der Sennhütte war der Krieg das Hauptthema. Die Kleidung war damals ein Problem. Ausgerüstet war ich für die Alpe mit einem Paar hohen Schuhen, Gamaschen, die nicht richtig gehalten haben, und einem Lodenmantel, den man kaum mehr trocknen konnte, wenn er einmal nass war. Das ist nicht vergleichbar mit der heutigen Zeit, damals gab es keine Plastiküberwürfe oder wasserdichtes Schuhwerk. Geschlafen haben wir in der Sennhütte über der Stube, alle nebeneinander in einem Pritschenlager mit einer Breite von etwa neun Metern. Es war mit Stroh aufgefüllt. Jeder hatte einen Kopfpolster und eine Decke, hineingelegt haben wir uns mit den Kleidern. Ich höre noch heute, wie der Regen beim Einschlafen oder Aufwachen aufs Dach prasselte. Xaver Hasler (1926) und Elsa Hasler waren dabei, wenn das Vieh zum Verladen auf den Zug nach Feldkirch getrieben wurde. Xaver erinnert sich an seinen ersten Einsatz auf der Alpe Rauz nach dem Zweiten Weltkrieg. Er und Urban Büchel (1921) Zeitzeugen berichten Um ein möglichst authentisches Bild von der Geschichte und der Situation der Alpe Rauz zu vermitteln, wurden zu dieser Publikation auch Zeitzeugen, die früher mit der Alpe Rauz in enger Verbindung standen oder dort tätig waren, einbezogen. Ebenso wurden die Sichtweisen von Entscheidungs- und Aufgabenträgern von früher und heute nachgefragt. Diese Interviews wurden einzeln geführt und sind im ausführlichen Skript im vollen Umfang enthalten. Aus Platzgründen wird hier der Inhalt der Gespräche nur auszugsweise wiedergegeben.


Broschuere 100 Jahre Alpe Rauz
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